Er war da von Anbeginn. 1766, als das Jagdgebiet des Praters für die Bevölkerung geöffnet wurde. Die ersten beiden “Attraktionen” waren eine Bierausschank und das Kasperltheater. Das Kaiserwürstel, wie es hieß. Also, genau genommen war es ein Kasperltheater, denn diese schossen schnell überall wie Pilze aus dem Boden. Da, wo ein Platz war, gab es ein neues Kasperltheater. Kasperl war der Star des Praters. Jede und Jeder kannten ihn. Er zog die Menschenmassen an. Und natürlich echauffierten sich Kritiker über ihn. Aber das half ihm eher, als es ihm schadete. Seine kecke, hilfreiche, aber freche Art kam bei den Wienerinnen und Wienern gut an. Alsbald wurde der Prater in der Bevölkerung nur mehr der “Wurstelprater” genannt. Benannt nach ihm sozusagen. Sogar das Geldstück, das man als Eintritt beim Eingang abgeben musste, wurde Kasperl genannt. Als Johann Josef La Roche die Figur des Kasperls erfand, hätte er sich niemals diese Berühmtheit erdacht. Natürlich steckten seine Wurzeln in bereits populären Figuren wie dem Arlecchino oder dem Hanswurst. Aber irgendetwas hatte der Kasperl, das den Wienerinnen und Wienern den Grant besonders gut vertrieb.
Doch im Krieg wurde es ruhig um ihn und auch in den 1950er Jahren, als der Wiederaufbau begann, wurden viele der Kasperltheater nicht wieder aufgebaut. Wenige überlebten. Sogar jenes im Prater musste mehrmals umziehen, bis es Anfang des 21. Jahrhunderts dann am Wurstelplatz ein Zuhause fand. Beschützt von zwei Statuen in einem Brunnen. Dem Hanswurst und dem Kasperl. Noch einmal wurde er mit Liebe übersät, als eine Gruppe Kinder den Brunnen verzierte.
Doch das genügte ihm nicht mehr. So trunken war er immer gewesen von all der Aufmerksamkeit. Und so verfiel er in eine tiefe Depression. Äußerlich sah er keck auf seinen Kameraden, doch innerlich war er einsam und allein. Ein dunkler Nebel sammelte sich im Brunnen. Umspielte seine Füße. Kroch seine Beine entlang und zehrte an seinen Kräften. Er stürzte in ein tiefes Loch.
Bis, eines Tages, jemand in seine Augen blickte. War das der eine, der nach oben schaute? Hatten sie die Monsterkarte richtig gelesen?
Er war so überrascht, dass jemand nach ihm suchte, dass der Nebel schlagartig von ihm abließ. Seine negativen Gedanken verflogen und er freute sich, etwas Aufmerksamkeit zu bekommen. Keck zwinkerte er der Person gegenüber zu.