Sie hatten den Prater immer gemeinsam durchstreift. Über die grüne Au und durch die grünen Wälder zu reiten, war ihr liebster Zeitvertreib. Es war nicht so, dass sie kein Interesse an den Praterbuden und dem Rummelplatz hatten, es war eher so, dass sie sich vor allem nach Ablenkung in der Natur sehnten. Die beiden waren ein ungewöhnliches Paar. Aber sie waren die einzigen, die die jeweils andere wirklich verstanden. Sie brauchten niemand anderes. Sie waren glücklich miteinander und ihrem Ritt durch den Prater. 

Sie starteten immer gegenüber von einem Perückenmacher. Es war ihr Lieblingsort – direkt hinter dem Riesenrad, zwischen dem geschäftigen Treiben des Würstelpraters und der Ruhe der Natur des grünen Praters. Er hatte ein großes Schild, das sein Handwerk anpries. Allerdings war die Nachfrage nach Perücken eingegangen, nachdem die Darstellerinnen und Darsteller den Prater verlassen hatten. Sie waren durch Maschinen ersetzt worden. Maschinen brauchten keine Perücken. 

Über die Jahre sahen sie zu, wie die Ladenfront des Perückenmachers immer mehr verfiel, bis sie irgendwann ganz verschwand. Nur ein weißer Umriss deutete auf den Platz hin, wo das Ladenschild einst gehangen hatte.  

Doch unbeirrt ritten sie weiter und genossen sowohl die Natur des grünen Praters, wie auch die Lichter und Wunder des anderen. Aber als ein Volksfest im Oktober – Investoren hatten eine neue Art der Geldmacherei entdeckt – ihren Pfad in die Natur blockierte, veränderte sich etwas. 

Sie waren von einem zwei Meter hohen Bauzaun aus Stahl eingezäunt. Den Investoren war die Freiheit, durch die Bäume und Wiesen zu reiten egal, alles was ihnen wichtig war, war Geld. Es war in dieser Gefangenschaft, dass sie ihren Mut verloren. Einer ihrer Luftballons floh, dorthin wo er hin konnte – in den Himmel. Ein Zeichen der Hoffnung, das sich bald in Luft auflöste. 

Ein grau-violetter Käfig formte sich um sie herum. Die trostlose Kälte von Stahl sperrte sie ein, hielt sie an diesem Ort fest. In der Unmöglichkeit sich zu bewegen, wechselte ihre Stimmung von genervt zu grantig. Der Wiener Grant hatte sie voll in seinem Griff. Sogar, als das Volksfest endete, und für eine spätere Zeit, einen anderen Ort zusammengepackt wurde, hob sich ihr Käfig nicht von ihnen. 

Bis sie eines Tages eine Gestalt erspähten, die sich hinter dem Riesenrad umsah. Sie schien scharfsinnig zu sein und hatte intelligente Augen. Die Gestalt sah sie an. Sie schien die beiden zu erkennen. Und einfach so, löste sich der Käfig in Luft auf. Wie der Ballon, der davongekommen war. Sofort fühlten sie sich befreit. Frei die Welt zu durchstreifen, zu sein, wer sie sein wollten. Endlich frei! Dankend winkten sie der Gestalt zu und ritten in den Sonnenuntergang.