48°12‘37.4″N 16°21’18.1″E
48.210392, 16.355035

Alarm, Alarm! Das rote Licht blinkte mittlerweile ununterbrochen. Oh Gott, sie hoffte, dass das System stabil bleiben würde. Irgendetwas hatte das Radarsystem gerade ausgelöst, just bevor die Landesequenz berechnet werden musste. Das hatte den Steuerungscomputer auf Hochtouren laufen lassen. “3 Minuten bis zur Landung!”, verkündete eine Stimme über die Lautsprecher im Kontrollraum. “Dafür ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt!”, dachte sie atemlos. Sie hatte den Computer so programmiert, dass er jene Aufgaben priorisierte, die für das Funktionieren des Landevorgangs unerlässlich waren. Das Radarsystem war es nicht, und trotzdem hatte es einen Overflow ausgelöst. Der Computer konnte keine weiteren Berechnungen mehr durchführen. Sie hoffte nur, dass ihr Programm funktionieren würde. Der Code dafür, wenn man ihn auf Papier druckte, war höher als sie selbst, wenn sie daneben stand. Es gab also genug Raum für Fehler, oder Bugs im Code. Softwareentwicklung war komplex. Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für Fehler. Es gab nichts, was sie jetzt tun konnte. Das Shuttle war weit weg im Weltraum. Das Programm lief. “2 Minuten bis zur Landung!”, sagte die Stimme. 

Sie versuchte, sich auf etwas Positives zu konzentrieren. Vielleicht auf ihren ersten Arbeitstag. Ja, ihr erster Tag bei der Nasa. 

Ihr erster Arbeitstag in der Kommandozentrale war wunderbar. “Hier fahren wir also dieses Ding?”, dachte sie. Aber natürlich nicht, die Erde fuhr sich selbst. Sie hatte voll integrierte Stabilisatoren und ein Schwerkraftsystem, das alle Elemente an Bord hielt. Maggie hatte ihr ganzes bisheriges Leben damit verbracht, die Erde und den Himmel über ihr zu studieren. Als leitende Programmiererin für den Steuerungscomputer war es ihre Aufgabe dafür zu sorgen, dass kleine Versionen des Mutterschiffs sicher im Weltraum navigieren konnten. Sie nannte diese Raumschiffe

Margaret war eine der fähigsten Software-Ingenieurinnen am MIT, und für die NASA zu arbeiten, war ein Traum von ihr gewesen. Sie war sich sicher, dass dies der richtige Ort für sie war, schon immer.

Zehn Jahre zuvor, am selben Ort, hatte Kathy eine ganz ähnliche Erfahrung gemacht. Nur hatte sie nichts programmiert, sondern berechnet. Sie hatte mehrere Flugbahnen der Apollo-Testmissionen berechnet. Und jetzt hatte John Glenn nach ihr gefragt. Der IBM 7090 Computer hatte die heutige Mission berechnet, aber Glenn, der Astronaut, bestand darauf, dass Katherine den Wiedereintrittspunkt des Raumschiffes noch einmal durchrechnete. Die Flugbahn zurück zur Erde. Zurück in die Sicherheit des Mutterschiffs. Es dauerte Tage, die Berechnungen von Hand zu überprüfen. Allein bei dem Gedanken daran wurde ihr übel. Also dachte sie einfach nicht daran, sie rechnete einfach nur. Und tatsächlich. Da war er. Ein Fehler. DER Fehler. Der IBM-Computer hatte einen Fehler gemacht und sie hatte ihn entdeckt. Sie war hocherfreut und erschrocken zugleich. Wie konnte ein Mensch nur so komplexe Gefühle empfinden? Und das alles gleichzeitig! Sie war sich sicher, dass es in ihrem Wesen nicht genug Platz für die emotionale Achterbahnfahrt gab, auf der sie sich gerade befand. 

Und dann riss der Sprecher Margaret erneut aus ihren Gedanken und zurück in die Realität. “Ein kleiner Schritt für den Menschen, ein riesiger Sprung für die Menschheit”, hieß es, und damit explodierte der Raum mit Freudengeschrei und Jubel, ihre Kollegen umarmten sie und riefen “Maggie, wir haben es geschafft, wir sind zum Mond geflogen!”. Ihre Gedanken wurden zurück auf die Erde gezogen, zurück in die Kommandozentrale. Sie hatte es geschafft, ihr Programm hatte den ersten Menschen auf den Mond geflogen! 

Bei den Vorbereitungen zu diesem denkwürdigen Tag hingegen, war es um einiges im Raum, als die Friendship 7 Mission kurz vor dem Wiedereintritt stand und nach der ersten Erdumrundung nach Hause zurückkehren sollte. Katherine war wie versteinert, aber alles, was sie wollte, war so weit weg wie möglich zu rennen. Sie hatte den Fehler gefunden. Aber hatte sie dabei vielleicht einen anderen übersehen? Oder hatte sie vielleicht sogar selbst einen gemacht und der Fehler, den sie kontrolliert hatte, war gar keiner gewesen? Doch dann, nach 4 Stunden, 55 Minuten und 23 Sekunden, setzte das Raumschiff Friendship 7 mit einem großen Platsch sicher auf dem Ozean auf. Sie hatte sich nicht verrechnet. Glenn hatte überlebt und war der erste Mensch geworden, der die Erde umkreist hatte. Er hatte ihr sein Leben anvertraut, ausgerechnet ihr, Katherine Johnson von der West Area Computing Unit. 

Später, als sie beide das erste Bild des Mutterschiffs aus dem Weltraum sahen, dachten sie sich: “Das ist unser erstes Selfie”. Die Weite der Raumstation konnte man nur von außen begreifen. Von weit weg. Die Erde – eine runde Kugel, der im Weltraum schwebt, mit einer Besatzung von 9 Milliarden Menschen.